Im Nachhinein ist man immer schlauer! Nicht nur gilt dies beim sonntäglichen Tatort oder beim Kinobesuch. Auch bei der Frage, ob ihr zusammengepasst, seid ihr erst nach einer gewissen Zeit schlauer. Im schlechtesten Falle könnt ihr die Frage erst nach der Trennung einer vorangegangen Paarbeziehung beantworten.
So weit will ich es nicht kommen lassen. Ich habe mir Gedanken zur Frage gemacht, ob man gut zusammenpasst, um eine Paarbeziehung einzugehen und in meiner Erfahrungskiste gekramt.
Im Vorhinein kannst du nur vermuten, dass ihr gut zusammenpasst. Zuvor kannst du jedoch gewisse Kriterien aufstellen. Was ist für dich an deinem Partner in einer Beziehung wichtig? Und was ist eher ein Nice-to-have?
Verkaufe dich nicht unter Wert – übertreibe es aber auch nicht mit Anforderungen
Deine persönlichen Kriterien sollten für dich Guidelines sein, mit denen abchecken kannst, ob zwischen euch sich etwas anbahnen könnte – oder eben nicht.
Weshalb mir meine Faktoren für die Frage, ob wir zusammenpassen, so sehr helfen? In schon einigen Kennenlernphasen (LINK) bin ich deutlich weitergegangen, als ich das eigentlich wollte. Ich stellte nach einigen Wochen, manchmal sogar nach nur wenigen Treffen fest, dass wir nicht zusammenpassen würden. Ich gab ihm dennoch weitere Chancen, sich quasi zu behaupten. Einmal gingen sogar Monate des Kennenlernens in Lande, bis ich realisierte: Markus, das wird nichts mehr. Als es drauf ankam, hat er eines der folgenden Kriterien nicht erfüllt. Er war nicht für mich da. Und das geschah mehrere Male. Beim dritten Male, als deutlich zum Vorschein kam, dass er ein Defizit aufzeigte, beendete ich die Kennenlernphase. Ich musste mich schützen, bevor er mich weiter verletzte.
Ich gehe mal mit gutem Beispiel voran und zeige dir meine Kriterien für einen passenden Partner auf. Hierbei unterscheide ich zwischen harten Faktoren (diese müssen erfüllt sein, sonst wird es ganz schwierig!) und weichen Faktoren (nice to have).
Meine Kriterien, wenn es dazu kommt, zu sagen, ob ich ihn weiter treffen möchte oder nicht:
Harte Faktoren bei Passen wir zusammen?
Verstehen wir uns? Haben wir ausreichend Gesprächsthemen und finde ich ihn sympathisch?
Ich achte bereits im ersten Chatgespräch, spätestens beim ersten Date auf Gemeinsamkeiten. Ganz plump gesagt: Finden wir ein Gesprächsthema, bei dem wir beide etwas zu sagen haben und wir beide Interesse zeigen? Nicht selten ist es mir schon passiert, dass wir beide verstummten, weil sich kein spannendes Thema finden lassen wollte. Wir müssen nicht in einem Fluss miteinander sprechen und uns permanent ins Wort fallen, weil wir uns so viel zu erzählen haben. Aber stockt ein Gespräch zu häufig, werde ich stutzig.
Kann er gut küssen?
Ob er gut im Bett sein sollte? Ach, daran lässt sich arbeiten. Gutes Küssen dagegen, daran lässt sich meiner Erfahrung nach deutlich weniger daran arbeiten.
Für mich ist das Küssen beinahe ein K.O.-Kriterien geworden. Ab wann küsst jemand gut? Wie küsst man gut? Gibt es Menschen, die per se schlecht küssen, oder gibt es Kompatibilität zwischen Küssern? (LINK) Ich könnte zu diesem Thema Bücher füllen. Was auch immer die Gründe für gutes oder schlechtes Küssen sind, wie gutes Küssen funktioniert… Für mich ist es wichtig!
Wir brechen es mal herunter: Ich küsse supergerne, Küssen ist für mich ein Teil von Zuneigung, Wertschätzung, Intimität und auch ein Teil des Vorspiels. Wenn er nicht gut küssen kann, dann sieht es für uns ganz schlecht aus.
Sieht er gut aus?
Das Aussehen entscheidet, wer zusammenkommt. Der Charakter entscheidet, wer zusammenbleibt (Sooo, ein Fünfer ins Phrasenschwein). Dieses Sprichwort, dessen praktische Anwendung in einer gewöhnlichen Dorfdisco zu erleben ist, verdeutlicht, wie wichtig doch Aussehen eines Menschen für die Partnerwahl ist. Es gibt eine große Studienlage zu Attraktivität. Befragt man Menschen, so sagen sie, dass ihnen das Aussehen mittelwichtig bis wenig wichtig ist. Und doch entscheidet das Aussehen darüber, wen wir ansprechen, wen wir küssen und mit wem wir schlafen (ich breche das Thema mal herunter).
Wann sieht ein Mensch gut aus? Derzeit geht die Forschung davon aus, dass wir, in unserem Kulturkreis, Menschen mit symmetrischen Gesichtern als schön ansehen. Hinzukommen breite Schultern bei Männern und die schlanke Taille bei Frauen. Das ist zumindest das Ergebnis von Studien und was der Durchschnitt bevorzugt. Auch scheint Physiognomie wichtig sein für Attraktivität, die wir bereits kennen und die wir als vertraut betrachten.
Und was magst du? Ich bin mir sicher, dass du das weißt. Und du darfst dazu stehen. Ich stehe dazu, dass ich Männer mit langen Haaren attraktiv finde. Lange Haare bei Männern finde ich einfach sexy. Auch wenn meine Freunde darüber den Kopf schütteln, ich stehe dazu.
Warum schreibst du gewisse Männer bei Grindr an und andere nicht? Vermutlich, weil du einige attraktiv findest und andere nicht.
Haben wir ausreichend Gemeinsamkeiten?
Neben der positiven Attraktion durch das Aussehen sind ebenso die inneren Werte wichtig. Hier geht die Wissenschaft (und ich ?) davon aus, dass Gemeinsamkeiten wie ähnliche Interessen, ähnliche Ziele, ähnliche Meinungen und auch Dinge wie ähnlicher Humor für eine Beziehung essentiell sind. Auch für eine rein freundliche Beziehung sind Gemeinsamkeiten unerlässlich. Achte deswegen bei der Frage, ob ihr zusammenpassen könntet, auf Gemeinsamkeiten. Gleich und gleich gesellt sich eben gern.
Sind wir füreinander da?
Ein wichtiger, wichtiger Aspekt, der auch in Freundschaften oder intensiven zwischenmenschlichen Beziehungen zum Tragen kommt. Nach wie vor gehen wir Menschen Beziehungen ein, weil wir eine soziale Komponente in uns haben und diese ausleben wollen. Der eine mehr, der andere weniger. Hier kommt das Nähe-Distanz-Bedürfnis (LINK) zum Tragen. Kurz gesagt: Ein Mensch will in einer Paarbeziehung ein bestimmtes Maß an Nähe bzw. an Distanz. Im Idealfall sollten beide Partner das gleiche Bedürfnis an Nähe-Distanz aufweisen und befriedigt haben wollen. Auch die Frage, ob beide sich überhaupt einander binden wollen, steht im Raume. Es scheint in der heutigen Zeit häufiger vorzukommen, dass Menschen nicht bindungswillig sind (LINK).
Darauf aufbauen ergibt sich für mich ebenso die Frage, wie zuverlässig, auch wie ehrlich der Partner ist. Mir sind beide Komponenten wichtig, ist gibt aber auch Menschen, für die Zuverlässigkeit eine untergeordnete Rolle in der Paarbeziehung spielt.
Weiche Faktoren bei Passen wir zusammen?
Unter weiche Faktoren fällt alles, was nicht direkt darüber entscheidet, ob ihr zusammenkommt oder zusammenbleibt.
Guckt er ständig oder zu häufig auf sein Smartphone statt mit mir zu sprechen? Nutzt er sogar sein Smartphone, während wir gerade ein Gespräch führen? Ich persönlich finde dies sehr unhöflich, weil es den Eindruck erweckt, sich mit seinem Smartphone zu beschäftigen sei für ihn spannender. Passiert dies zu häufig, würde ich dies ansprechen. Dies ist aber etwas, was sich klären sowie daran arbeiten lässt – ich glaube mal an die Vernunft und den Anstand in uns!
Und weiter? Welche weichen Faktore gibt es noch, wenn es darum geht, herauszufinden, ob man zusammenpasst? Für jeden gibt es unterschiedliche weiche Faktoren. Will er nach einigen Monaten oder Jahren mit mir zusammenziehen? Geht er ebenso gerne aus wie ich oder bleibt er lieber auf der Couch? Riecht er gut (ein Reiz, mit dem wir abchecken, ob wir uns mit ihm genetisch kompatibel sind)?
Das sind Dinge, an denen sich arbeiten lässt, auch lassen sich Absprachen treffen.
Fazit: Was sind deine Kriterien? Ab wann weißt du, ob ihr zusammenpasst?
Nach zahlreichen Dates, nach einigen Beziehung und nach ein paar beziehungsähnlichen Zuständen (LINK) weiß ich, was ich will und was ich nicht will.
Überlege auch für dich, was du willst und was dir guttut. Dabei musst du dir nicht tagelang den Kopf zerbrechen – allerdings eine grobe Ahnung zu haben, was dir für eine Beziehung wichtig ist, kann dir helfen, schon in einem früheren Stadium die Reißleine zu ziehen und verwirrende Kennenlernphasen zu beenden.
Achte jedoch darauf, dass du es mit deinen Vorstellungen eines potentiellen Partners ebenso nicht übertreibst. Du sollst eine Basis an Voraussetzungen definiert haben, die er großenteils erfüllen sollte. Aber – ein ganz großes Aber – den perfekten Partner gibt es nicht und den wirst du nicht finden (LINK). Er wird immer Schwächen – ich nenne sie liebevoll Entwicklungsfelder – aufweisen. Wir alle haben Schwächen. Und eine Tugend ist es, gewisse Schwächen zu ertragen und sogar zu akzeptieren.
Klar, die Kennenlernphase zu beenden und womöglich den Kontakt abzubrechen, kann wehtun, es kann auch verfrüht erscheinen. Ebenso kann es aber dich vor weiteren Verletzungen schützen. Ich persönlich habe die Kennenlernphase immer genau beobachtet und analysiert (vielleicht auch zu sehr – ich bin oft arg verkopft) und sie dann zu spät beendet und auf die Schnauze geflogen. Aber immer habe ich etwas daraus gelernt (und die meisten Erkenntnisse für dich hier im Gay Dating Diary festgehalten).